Stiller Aufstand

Wir leben in einer besonderen Epoche der Menschheitsgeschichte. Vermutlich entscheidet sich jetzt gerade die Zukunft unserer Gattung. Zugleich ist durch das Handeln des Menschen das Leben in seiner Vielfalt auf unserem Planeten in Gefahr. Wenn wir jetzt nicht aufstehen, gefährden wir die Zukunft derer, die nach uns kommen. Und wir gefährden die Zukunft zahlreicher Arten und Lebensformen.

In diesem Geist und dieser Empfindung haben sich Menschen aus ganz Deutschland zusammengefunden. Wir haben uns auf den Weg gemacht. Wir sprechen von einem »Aufstand«. Damit ist gemeint: Wir stehen auf für die gelebte Solidarität mit allem Leben und allen Lebensformen. Wir zeigen Haltung, sehen nicht weg, verschweigen nicht, handeln klar, solidarisch und gewaltfrei, wo immer uns das möglich ist.

Dieser Aufstand ist still, und er kommt von Herzen. Er benötigt keine Medienpräsenz und keine konventionellen politischen Kampfformen. In ihm verbinden sich Menschen, die Entschiedenheit vereint, was die Analyse des Zustands unserer Erde betrifft und die Einsicht in das entsprechende notwendige Handeln.

Die Würde des Lebens ist unantastbar

In der modernen Welt hat sich der Mensch ins Zentrum allen Geschehens gerückt. Er ist sich selbst der einzige und letzte Maßstab geworden. Der technische Fortschritt und der teilweise unermessliche Reichtum wurden mit der schonungslosen Ausbeutung der Lebensgrundlagen und der natürlichen Ressourcen bezahlt. Das nichtmenschliche Leben geriet in diesem Prozess zur reinen Verfügungsmasse für menschliche Konsumbedürfnisse und den Ruf nach immer mehr. So hat ein gewaltiges Artensterben begonnen.

Die großen Verfassungen auf dieser Erde haben dies befördert. Dies gilt auch für das ansonsten großartige Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Der Mensch alleine ist hier Ausgangs- und Zielpunkt der Orientierung. Würde kommt alleine ihm zu. Einklagbare Rechte werden im Wesentlichen nur ihm zugesprochen. Seine Vermehrung und seine Bedürfnisse stehen außer Frage. Heute sehen wir nicht nur, sondern wir beginnen zu spüren, welche Folgen diese Selbstbezüglichkeit hat. Nicht nur der Mensch, das Leben an sich auf diesem Planeten steht am Scheideweg.

Früh hat der Urwaldarzt, Philosoph und Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer diese verheerende Entwicklung erkannt und ihr eine Ethik des Lebens gegenübergestellt. Sie respektiert, dass der Mensch Leben ist, das leben will – aber eben immer inmitten von vielfältigem Leben, das gleichfalls leben will. Die Verantwortung und Aufgabe des Menschen und der Menschheit insgesamt ist es danach, Leben zu fördern, zu bewahren und zu pflegen. Dieser Dienst am Leben ist zugleich der größte Dienst, den der Mensch sich selber leisten kann. Denn nur dann wird er im Netzwerk des Seins überdauern. Das setzt allerdings voraus, dass wir Menschen uns zunächst unserer eigenen Würde und der eines jeden Menschenwesens wahrhaft bewusst werden, diese in Tiefe respektieren und sie leben.

Menschenrechte rücken durch die Lebensrechte also nicht in die zweite Reihe, sondern erhalten eine noch größere, und den Menschen überstrahlende Tiefe.

Wir plädieren deshalb dafür, der Präambel des Grundgesetzes einen neuen und vertieften Ausgangspunkt zu geben. Statt: Die Würde des Menschen ist unantastbar, soll es zukünftig lauten: Die Würde des Lebens ist unantastbar!

Kontakt

Interbeing, Claus Eurich

clauseurich@web.de

stiller-aufstand.de

In meiner Praxis finden ca. alle 2 Monate Treffen für Austausch und Begeisterung statt.